Trägst du immer noch?

Trägst du immer noch?

Bei dieser Frage bekomme ich Bachnabeljucken und Haarspitzenziepen. Denn die Antwort auf diese Frage ist offensichtlich, wenn ich mein Kind auf dem Rücken habe, oder? Ja! Wie du sehen kannst berühren die Füße meines Kindes nicht den Boden, es sitzt in einer Trage und diese ist um mich rum geschnallt.

Die eigentliche Frage, die einem meist gestellt wird ist nämlich nicht "Trägst du immer noch?" sondern "WARUM trägst du immer noch Herrgott? Bist du bescheuert?"

Und dieses in Frage stellen von meiner Familie, meinem Weg und meinem Leben geht mir gehörig auf den Zeiger. Nicht nur im Bereich Tragen. Mumbashing ist grausam, anstregend und unnötig.

Aber eine ernst gemeinte und interessierte Frage "Zu welchen Gelegenheiten hilft euch das Trage auch mit größeren Kindern?" antworte ich gerne ;-)

Tragling-uber-2-Jahre

 

Dieser erste Absatz hat nicht direkt mit dem Thema zu tun, da stimme ich zu. Aber ich möchte ein wertschätzenderes Miteinander fördern. Worte können verletzen. Und Selbstzweifel hervorrufen bei Eltern, die endlich eine Möglichkeit für einen ruhigeren Alltag gefunden haben.

Aber da du so interessiert gefragt hast, möchte ich dir gerne erzählen in welchen Situationen uns das Tragen von größeren Kindern den Tag gerettet hat:

verletzungen

 

Ein Punkt der auch bei den größten "aber warum tust du das??" Fragestellern noh auf Akzeptanz stößt ist: Tragen bei Verletzungen.

So hat uns in einem Sommerurlaub die Tragehilfe unsere letzten 3 Urlaubstage gerettet! Die Große war in einen Seeigel getreten, konnte ihren Fuß nicht belasten. Blöd, wenn man mehr als nur die Hotelanlage sehen will. Und noch blöder, wenn man auf einer hügeligen Vulkaninsel ist, die gefühlt mehr Treppen als Sandkörner hat.

Oder der Besuch beim Uri, den wir traditionell mit einem Besuch der Isar beginnen. Dort können sich die Kids nach der Autofahrt austoben und haben dann genug Sitzfleisch für ein ruhigeres Treffen mit dem Uropa. Das Isarufer ist eine Mischung aus Kies, Steinen und Geröll. Perfekt zum Entdecken! Aber auch perfekt um sich das Knie aufzuschlagen. Blutige Knie sind ganz fies, wenn man danach noch einen 15 Minuten Spaziergang zum Treffpunkt machen soll. Kennt ihr noch das Gefühl, wenn man sich nicht traut das Knie zu beugen? Geschweige denn damit zu laufen...

Jetzt sind wir aber quasi von Berufswegen nie ohne Tragehilfe unterwegs, und hatten in beiden Fällen ein backup dabei.

 

krankheit

 

Bleiben wir bei "Achsooo, ja dann!" Themen: Tragen bei Krankheit.

Kranke Kinder sind schlimm. Wenn man ihnen schon ansieht, dass es ihnen echt mies geht und man am liebsten Tauschen würde! Das geht bekanntlich nicht, also macht man alles um sie so gut wie möglich zu versorgen.

Dazu zählt auch der Arztbesuch. Unser Arzt ist in der Innenstadt, keine eigenen Parkplätze. Entweder fahren wir also mit den Öffenlichten oder nutzen ein Parkhaus. Beides bedeutet: hinlaufen. Und da Kuscheln die beste Medizin ist, wird auch auf dem Weg dahin gekuschelt.

Und zu Hause. Und beim Geschwister abholen (oh stimmt, die gibt´s ja auch noch!). Und überhaupt. Bis der Nachwuchs nicht mehr wie ein Häufchen Elend aussieht wird die Trage nicht weggepackt bei uns.

 

Trubel

 

Wisst ihr wie es sich anfühlt als 3 jähriges Kind mit dem Zug auf einen großen Töpfermarkt zu fahren und dort mit einem Schwall Menschen auf´s Gelände zu laufen? Oder wie der Weihnachtsmarkt in dem Alter wirkt?

Wir sind ja hier unter uns, und ich sage es so, wie ich es in den Beratungen sage:

Kinder sind auf der Höhe von Ärschen, Taschen und Zigaretten.

Genau so sieht es nämlich aus für ein Kind. Auch im Kinderwagen. Es sieht ein Dickicht aus sich bewegenden Beinen, Taschen schleifen haarscharf am Gesicht vorbei und Glimmstängel haben nicht nur einmal versehentlich ein Kind getroffen. Dazu Lärm, Hundegebell, der Duft nach Essen aber man sieht nichts!

Wie viel schöner fühlt es sich an wenn ich schreibe: die Dreijährige betrachtete von Papas sicherem Rücken aus das bunte Treiben um sich. So viele Menschen auf einem Haufen! Und jeder hatte was zu sagen. Was für ein durcheinander. Gut, dass die leise Stimme direkt an Papas Ohr ankommt, sie wäre sicher untergegangen bei dem Lärm. In der Ferne entdeckte sie nun einen Stand mit gelben Luftballons. Wie schön sie im Wind tanzten, über all den Köpfen! Ob sie auch einen haben könne? "Klar", sagt Papa, "lass uns rüber gehen". Und er bahnt sich einen Weg durch die Masse. Gut, dass ich da nicht alleine durch muss, denkt sich das Kind, denn da hinten hab ich auch noch einen Hund gesehen.

Auch später treffen Kinder auf Situationen die wir unterschiedlich begleiten können:
- Komm hab dich nicht so! Das Glas ist stabil, das wäre ja schon lang zusammengebrochen sonst. Schau, ich geh auch durch!
oder
- ich verstehe, dass das gruselig aussieht. Möchtest du erst mal bei mir sein, und wenn du merkst, dass du dich alleine traust sagst du bescheid?

Übrigens ist die Große nach ein paar Minuten happy und fasziniert selbst durch den Haitunnel gelaufen. Ganz ohne Druck und Drängeln.

Und: Trubel muss nicht immer auswärts sein. Auch zu Hause kann auf einmal ganz schön viel los sei im Kinderkopf, und der Weg raus aus dem Motz-Trotz-alles-ist-doof-Sog klappt einfach nicht. Häufig dann, wenn es Zeit wird das Abendessen herzurichten. Es ist gar nicht so selten passiert, dass ich das mit Kind auf dem Rücken gemacht habe, das gerade eine Kuscheleinheit benötigt hat.

 

Pause


"Das hat echt Spaß gemacht, aber ich brauch jetzt erst mal nen Kaffee!". Ja, klar! Ich bin dabei. Lass uns da hinten rein setzen.

Typische Szene eines Ausflugs mit Freunden oder?

Aber was ist mit Kindern? Was, wenn sie mal Pause brauchen?

Manchmal ist auch dann ein Kaffee in der Nähe (das kinderfreundlich ist). Oft nicht.
Manchmal ist man nur mit einem Kind unterwegs, hat keine weiteren Verpflichtungen und kann sich einfach hinsetzen. Oft nicht.

Genau für diese Situationen liebe ich das Tragen von größeren Kindern. Es nimmt Druck und Stress aus dem Alltag.

Beispiele gefällig? Gerne:

Bild eins zeigt uns in Venedig. Wir sind abseites der eingetretenen Trampelpfade unterweges gewesen, haben in verwunschene Gärten gespäht und kleine Gassen entdeckt. Ganz schön spannend! Hinter jeder Ecke etwas Neues! Aber auch anstrengend. Der Tunnelblick funktioniert bei Kindern noch nicht so gut. "Ok, ich weiß in 10 Minuten sind wir wieder im Touristeneinzugsgebiet und dort hat es einen schönen Platz zum hinsetzen, bei dem die jüngere Schwester nicht direkt in den Kanal plumpst beim Spielen" - klappt halt nur bei Erwachsenen. Kinder wissen weder was 10 Minuten sind, noch können sie in dieser Situation rechtzeitig bescheid geben, dass bei ihnen bald TILT auf der Stirn steht.
Also habe ich diese 10 Minuten getragen, statt ein meckerndes Kind am Arm hinter mir hergeschleift. Und nach diesen 10 Minuten haben wir einen schönen Platz gefunden, auf dem es einen Brunnen gab, Sitzmöglichkeiten und Kaffe für uns Erwachsenen.

Bild 2 entstand nach einem wundervollen Spielplatzausflug. Es war kalt, aber was macht das schon. Es wurde spät. Egal, wenn man gerade den größten Sandturm der Welt baut! Zeit für´s Abendessen. Kann man verdrängen, weil die Schaukel gerade frei geworden ist.
Und dann kommt der Moment, an dem die Großen sagen "jetzt müssen wir aber!". Und alles bricht über dich herein:
Der Frust, dass man nicht weitermachen darf. Die Kälte, die man plötzlich in den eisigen Fingern spürt. Der Hunger, der den Magen schon knurren lässt. Die Müdigkeit, die alle doofen Gefühle noch viel stärker macht. Und dann ist plötzlich alles zu viel.
"Das war jetzt so ein schöner Tag, warum musst du jetzt so eine Szene schieben? Da hab ich gar keine Lust mehr mit dir auf den Spielplatz zu gehen!"
Oh je, noch mehr Frust... Oder:
"Puh, jetzt haben wir aber viel erlebt! Und ich hab schon ganz arg Hunger, du auch? Weißt du was? Du kuschelst dich an mich ran, und ich bring dich ganz schnell nach Hause."
Heißt als Erwachsener einmal kurz zusammenreißen und dafür einen angenehmen Heimweg und Abend haben.

Wandern

 

Müde Beine und Pause machen ist doch das gleiche oder?
Nein, nicht ganz. Ich habe es bewusst getrennt.
Denn während es oben mehr um "innere Erschöpfung" ging, sind müde Beine genau das. Also körperliche Erschöpfung.

Wir gehen unglaublich gerne in die Berge, in den Wald oder entdecken einen Naturlehrpfad. Als Stadtmensch kommt man eh viel zu selten dazu Moosflechten zu sehen, einer Blindschleiche zu begenen oder einfach nur den Blick über die Natur schweifen zu lassen. Und bevorzugt nutzen wir wege, die nicht als "Familienweg" oder "Kinderwagentauglich" beschildert sind. Die sind zu den Stoßzeiten häufig überfüllt.

Heißt aber auch, dass wir die Wege nach unseren - Erwachsenen - Fähigkeiten aussuchen, was Trittsicherheit und Ausdauer betrifft. Das kann dann schon mal ein Schotterfeld sein, oder eine Strecke über mehrere Stunden. Wir sind jedesmal erstaunt darüber, wie weit Kinderbeine tragen und wie geschickt auch schon die kleinsten über Wurzelpfade laufen. Aber irgendwann ist einfach Schluss. Dann sind die kleinen Beinchen müde, oder der letzte Weg geht zu steil nach oben.

Und so sehr ich Picknickpausen und kurz mal Innehalten und ausruhen schätze, irgendwann will ich dann einfach mal ankommen! Zeit für die Trage.

fun

 

Braucht es immer einen Grund?
Nö.

Manchmal haben wir einfach Bock drauf. Manchmal kommt ein Kind mit Tuch oder Trage. Manchmal schlagen wir es vor. Das ist wie Toben auf der Couch, Kitzelattacke oder Bauklötze stapeln. Es ergibt sich einfach. Musstest du dich schon mal dafür rechtfertigen mit deinem Kind zu Spielen? Warum sollte sich dann jemand anderes rechtfertigen, mit seinem Kind Spaß zu haben?

huckepack

 

Die Frage nach einem Buggy stellt sich bei uns nicht, weil wir nur kurze Zeit einen hatten. Da war die jüngste schon gut ein Jahr und ich durfte aus gesundheitilchen Gründen nicht mehr tragen (nein, kam nicht vom Tragen...). Ein Buggy ist nichts schlimmes, er passte nur einfach nie in unseren Alltag.

Bleibt noch Huckepack, auf den Schultern und auf dem Arm zu tragen. Wie du siehst machen wir das auch. Wenn wir die Trage vergessen haben... Eine Tragehilfe die gut zu einem passt macht das Tragen einfach so viel bequemer! Man geht nicht in Ausgleichshaltung, zieht die Schultern nicht hoch, schieb das Becken nicht seitlich raus und hat danach keine ausgeleierten Affenarme.

Wenn du es mal testen möchtest, kannst du bei uns die "Miet mich!" Tragehilfen und Tücher für einen Monat zu dir nach Hause holen und dann entscheiden ob das Tragen von größeren Kindern auch was für dich ist. Ich empfehle die LennyPreschool, einen Onbuhimo oder für kurze Strecken einen Ring-Sling.

 nicht-fragen

Ich hatte ganz zu Beginn schon gesagt, dass ich dieses fiese Hinterfragen von Eltern im Allgemeinen nicht ausstehen kann. Jeder hat seinen Alltag, jeder hat seine Vorgeschichte und jeder hat einen Weg gefunden, mit dem alle glücklich sind. Muss dann einer daher kommen und sagen "Also jedem das seine, aber warum bitte trägst du noch?". Fragen, die schon fett im Untertitel stehen haben, dass das Verhalten nicht gut geheißen wird, und man sich doch jetzt bitte entweder anzupassen habe, oder wenigstens einen guten Grund liefern möge.

Wir beraten im Hauptquartier in Augsburg häufig Familien mit "gutem Grund". Wie diese Familie, die unglaublich gerne Wandern geht, ein Kind auf Grund einer Krankheit aber nur kurze Strecken laufen kann.

Ich spreche aus Erfahrung wenn ich sage: es gibt Tage da machen einem die Blicke und die Fragen nichts aus - man härtet ab. Und es gibt Tage, da ist genau diese Frage das i Tüpfelchen und du möchtest dich einfach nur verkriechen.

Wenn ihr echtes Interesse an einem "ungewöhnlichen Verhalten" von anderen habt, dann fragt höflich und positiv, wenn es die Situation her gibt. Andernfalls: man muss nicht überall seinen Senf dazu geben. Gerade wenn er scharf ist.

Und weil ich weiß, dass Tragen für ganz, ganz viele lange eine Erleichterung im Alltag darstellt: Verlinke uns gerne im social media @heldentragen und teile, wie du Entlastung durchs Tragen findest!

 

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Tatjana ist Mutter von drei Kindern und "die Heldin" von Helden-Tragen, einem Familienbetrieb mit Hauptquartier in Augsburg. Auf über 300qm beraten die Helden auf individuelles Babytragen, sicheres Autofahren von 0-12 Jahre (150cm) und Stoffwindeln. Holzspielwaren und Klettergerüste für´s Kinderzimmer runden das Sortiment ab.

Unter www.Helden-Tragen.de kannst du auch ganz bequem zu dir nach Hause liefern lassen.

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